Historie

 

Schützentradition in Borken

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Die Anfänge des Borkener Schützenwesens verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Fest steht jedoch, dass die Schützengilden ursprünglich echte Notgemeinschaften waren, die u.a. die Aufgabe hatten, die Stadt und ihre Bewohner zu schützen und zu verteidigen.

Schon bald nach der Verleihung der Stadtrechte durch den Fürstbischof von Münster Dietrich III. (Theoderich der III., Graf von Isenburg, 1218-1226) wurde die Verteidigung der Stadt den vier Kluchten ( Stadtbezirke) übertragen. Damit war der Grundstein zu einer stadteigenen Bürgerwehr gelegt.

Diese Bürgerwehr oblag nicht nur dem Schutz der eigenen Stadt, sondern sie war auch dem Bischof als Landesherrn zur „Heeresfolge“ verpflichtet. Als Gegenleistung erhielt Borken neue Privilegien, z.B. die Grut- oder Biersteuer.

Einen Beweis ihrer Schlagkraft lieferten die Borkener Schützen am Cyriakustag (8. August) 1323, als sie unter ihrem Obristen Henric de Wynen die Schlacht in den „Bröken“ bei Lette/Kreis Coesfeld zu Gunsten des Bischofs von Münster, Ludwig dem II., Landgraf von Hessen (1310 – 1357) entschieden. Auf dem Schlachtfeld verblieben 86 Tote; zahlreiche Ritter und Knechte wurden gefangen genommen. Die beiden in der Schlacht erbeuteten Banner wurden in der Stiftskirche St. Remigius und im Rathaussaal aufgehängt. Im Chor der Kirche erinnerte bis zum Erweiterungsbau 1872 die Inschrift über der Sakristeitür an die siegreichen Borkener Schützen: „Ind Jair unses Heren MCCCXXIII in tiden BischopLodewig van Hessen op dach Cyriaci Schloegen die van Borcken den Gelrischen nedder L.XXXVI Ridderne Knechte dar dit Banner van is, Gode to dancke und: S.Remigius.“

Seit dieser Zeit wurde der Schlacht am Cyrakustag alljährlich durch ein feierliches Hochamt gedacht, an das sich am Abend für die Krieger ein Freiball anschloss, wozu der Stadtsäckel 5 Taler zusteuerte.

Jeder waffenfähige Mann war zur Verteidigung der Stadt verpflichtet. Seine Waffen bestanden zunächst aus Bogen und Pfeil, Spieß und Pike, später wurde die Armbrust verwandt. Nach Entwicklung der Feuerwaffen durch den Mönch Berhold (der „Schwarze“) 1350 nahm man Hakenbüchsen und schoss mit selbstgegossenen Bleikugeln. Als Rüstung trug der Schütze eine mit Hahnenfedern geschmückte Eisenkappe („Borkener Hahnenfeder“), die am Schulterkragen befestigt war, einen Lederschurz sowie einen Schild. Der Schießplatz der Schützen lag „vor der Porte up der Stad, de ghnomt is Paveyenbrink“ (Papageienbrink). Als Ziel diente ein Papagei, später eine Taube, an die heute noch das älteste Kleinod an der heutigen Präsidentenkette erinnert.

Die Schützen bilden zugleich kirchliche Bruderschaften, in denen neben dem religiösen Leben auch sozial-caritative aufgaben wahrgenommen wurden. So war es ihnen eine echte Verpflichtung, die jährliche Sakramentsprozession zu begleiten. Die Disziplin war streng, und jeder hatte sich den Statuten entsprechend zu verhalten. Die einzelnen Schützengilden stellten sich unter den Schutz von Heiligen, denen man Votivkerzen opferte, die aus den Beitrittsgeldern der neuen Schützen bezahlt wurden. Gemäß den im Stadtarchiv befindlichen Abrechnungen gab es im Jahre 1486 die alten oder St. Sebastianus-Schützen neben den jungen oder St. Antonius-Schützen; 1489 kamen die St. Georgi-, später die reichen Schützen genannt, dazu, und im Jahr 1495 werden dann noch zusätzlich die St. Jodokus-Schützen erwähnt. Die einzelnen Gilden feierten an ihrem Patronatsfest.

Als Durch die Einführung stehender Truppen der eigentliche Zweck der Bürgerwehr überflüssig wurde, verwandelten sich die Schießübungen der Schützengilden in Freudenfeste. Seit 1575 wurde es üblich, alljährlich am 15. Juli eine Musterung der städtischen Wehrkräfte abzuhalten, zu der Spielleute aus der ganzen Umgebung herangeholt und Gäste geladen wurden.

Im späteren Mittelalter entwickelte sich der Brauch der „Marken-Schnaet“ – feierliche Besichtigung der Feldmarkgrenzen durch die schützen. In den Annalen des Jahres 1705 wurden bei einem solchen „Schnaetgang“ ausdrücklich die „jungen Gesellen“ erwähnt. Diese haben sicherlich ihr eigenes Schützenfest gefeiert, zumal den historischen Quellen zu entnehmen ist, dass im Jahre 1791, am 16. August, Johannes Lück König des Junggesellen-Schützenfestes wurde, der sich Ursula Meynen zur Königin nahm. Ein großes Fest unter Teilnahme des Kapitels (Kanoniker), des Magistrates und „vieler Großer“ wurde gefeiert – „der Zech dauerte acht Tage“, wie der Chronist berichtet.

Während der Kriegswirren und Zeiten der politischen Neuordnung der folgenden Jahrzehnte (Zusammenbruch des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation, Besatzung durch Truppen Napoleons, Preußische Freiheitskriege) hat das Schützenwesen in Borken wahrscheinlich geruht. Wohl erst wieder im Jahre 1840 wurde ein Schützenfest gefeiert, wie aus den Plaketten der Königskette zu schließen ist.

Zu Anfang der 2 Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr das Borkener Schützenwesen eine grundlegende Neuordnung. Die Mitglieder der ehemaligen Bürger-Schützengilden schlossen sich am Johannistag (24. Juni)des Jahres 1852 zusammen und nannten sich fortan St. Johanni Bürgerschützenverein.

Das Geschick dieses Vereins wurde bis heute u.a. von den politischen Ereignissen des letzten Jahrhunderts mitgeprägt. Schon bald unterbrachen Kriegswirren die regelmäßig stattfindenden Schützenfeste, z.B. der Preuß.-Österr. Krieg 1866, der Deutsch-Franz. Krieg 1870/71. Noch einschneidender traf das Vereinswesen der I. Weltkrieg und die sich daran anschließende Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit. Erst 1921 fand wieder ein Schützenfest statt.

Eine einschneidende Zäsur in den Ablauf des Schützenfestes brachte der II. Weltkrieg. Erst im Jahre 1949 konnte nach 10-jähriger Unterbrechung wieder ein allgemeines Schützenfest in Verbindung mit einer Fahnenweihe und einem Heimatfest begangen werden, nachdem sich nach Zeiten großer Not die wirtschaftlichen Verhältnisse allmählich gebessert hatten. Doch bevor das Fest begann, waren lange Verhandlungen mit der damaligen britischen Militärregierung zu führen. Eine Genehmigung für das Fest wurde mit der Auflage erteilt, keine Schusswaffen für das Vogelschießen zu gebrauchen. Wie die allerorten ihrer Waffen beraubten Jäger mussten auch die Borkener Schützen zur Armbrust greifen, um einen neuen König auszumachen. So wurde der Vogel in diesem Jahr statt aus Holz aus einem anderen Material konstruiert. Man formte ihn aus Torf, den man mit Stoffstreifen umwickelte, um ihn dann mit Armbrustbolzen zu beschießen.

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Zeugen der langen historischen Tradition des Borkener Schützenvereins sind die Plaketten der Schützenkette. Wie schon erwähnt, ist die Taube das älteste und kostbarste Stück. Sie hängt an zwei wertvollen Renaissance-Medaillen aus dem Jahre 1578 (irrtümlich oft mit 1378 angegeben). Sie sind Prachtstücke deutscher Silberschmiedekunst und zeigen neben dem Stadtwappen einen federgeschmückten Visierhelm mit üppigem Mantel. Auch aus dem 18. Jh. Sind noch drei schöne Plaketten erhalten, die anderen stammen aus der 2. Hälfte des 19. Jh. Bis unsere Tage.

(Text zur Verfügung gestellt durch: Vereinsmitglied Heinz Rodenberg)

Hinweis: Bei Interesse ist auch das Buch „675 Jahre Schützengeschichte Borken 1323 – 1998“ im Handel erhältlich.